»Die Fahrt von Batumi nach Tiflis glich einem Triumphzug. Alle Stationsgebäude waren festlich geschmückt, neben der georgischen Fahne flatterten rote Fahnen mit den Bildnissen von Marx und Engels und mit Staunen und Rührung gewahrte ich auch überall große gerahmte und bekränzte Jugendporträts von meinem Mann, was mir bewies, daß die im Ausland lebenden Georgier wahrgesprochen hatten, die uns früher schon immer berichteten, daß Kautsky in ihrem Heimatland ebenso populär wie Marx, Engels und Plechanow sei.« So berichtet Luise Kautsky im Jahr 1921 von ihrer kurz zuvor beendeten Studienreise in den Kaukasusstaat.
Geboren wurde Karl Kautsky 1854 in Prag als Sohn eines Theatermalers und einer Schauspielerin und Schriftstellerin. In Wien studierte er Ökonomie, Geschichte und Philosophie. Noch während seiner Studienzeit schloss er sich der Sozialdemokratie an. Seit 1880 lebte Kautsky in Zürich, wo er als Redakteur arbeitete. Später lernte er Karl Marx und Friedrich Engels kennen. Nach deren Tod wurde Karl Kautsky quasi der Gralshüter der marxistischen Theorie. Dies hing auch damit zusammen, dass Kautsky Chefredakteur und Herausgeber der wichtigsten Theoriezeitschrift der deutschsprachigen Arbeiterbewegung war, »Die Neue Zeit«.
1883 heiratete Kautsky Louise Strasser, ließ sich aber 1889 wieder von ihr scheiden. In zweiter Ehe heiratete er 1890 Luise Rosperger, mit der er drei Söhne hatte, Felix, Karl und Benedikt. Das Paar zog nach Stuttgart, später nach Berlin. Seit 1924 lebte das Paar in Wien, musste von dort jedoch 1938 vor den Nationalsozialisten fliehen. Das Paar ging nach Amsterdam, wo Karl schon nach wenigen Wochen starb.